LESBEN GEDENKEN in Ravensbrück 2019

26.04.2020

Weil dieses Jahr, 2020, keine öffentlichen Gedenkfeiern stattfinden konnten, hier dieser Bericht von 2019 von Lesben gegen Rechts:

74. Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrueck und des Maedchenlagers Uckermark vom 12. - 14. April 2019.

«Lesben gegen Rechts» waren mit Transparenten, Fahnen und Aufklebern praesent. Was nicht immer nur einfach war, da es dieses Jahr eine spezielle Regelung gab. Zitat aus der Einladung der Mahn- und Gedenkstaette Ravensbrueck:
«Wir bitten darum, vom Zeigen von Transparenten, Fahnen und Kleidungsstuecken mit politischen Statements waehrend der zentralen Gedenkveranstaltung abzusehen. Traditionsfahnen und -transparente von Verfolgtenverbaenden sind davon ausgenommen.»

Grund fuer diese Regelung war - gemaess einem Flugblatt der Initiative fuer einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark e.V. - dass an der Gedenkfeier 2018 Abzeichen der NSZ (Narodowe Sily Zbrojne) getragen wurden. Die NSZ waren die nationalen, polnischen Streitkraefte im 2. Weltkrieg, die sowohl gegen die deutsche Besatzung und die sowjetische Besatzung gekaempft haben und fuer Angriffe auf und Morden an juedischen Menschen verwantwortlich waren. Erst kurz vor den Gedenkfeiern, am 10. April gab auch die Mahn- und Gedenkstaette Ravensbrueck MGR bekannt, dass ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten ergab, Zitat aus dem Flugblatt: «dass die NSZ im Zweiten Weltkrieg nachweislich antisemitisch agiert hat und an Denunziationen und Morden an juedischen Menschen beteiligt war. Auch die MGR sagt nun, dass sie Zeichen und Symbole der NSZ bei der Gedenkfeier nicht zulassen koennen.».

Die Bitte aus der Einladung der MGR wurde nicht vollstaendig durchgesetzt, das Transparent von «Lesben gegen Rechts», das ab dem Vorabend der zentralen Gedenkfeier am Seminarhaus platziert war, wurde jedoch vonseiten der MGR abgenommen. Zu anderen Gelegenheiten konnten wir es benutzen.

Nach wie vor ist das ehemalige «Jugendschutzlager» Uckermark keine offizielle Gedenkstaette. Verbliebenen Reste wurden von den Aktivistinnen der Initiative ausgegraben und wieder zugaenglich gemacht. Auch ein Denkmal ist auf deren Initiative entstanden (siehe obiges Foto).

Das sogenannte «Jugendschutzlager» Uckermark war ein Lager wo Maedchen und junge Frauen von den Nazis eingesperrt wurden. Zum Teil waren die Maedchen unter 16 Jahre alt. Neben den Appellen mit nackten Fuessen auf (im Winter) gefrorenem Boden, der Zwangsarbeit, dem ungenuegenden Essen und den Schlaegen, war eine der Massnahmen, der die Maedchen ausgesetzt waren, ein totales Redeverbot. Viele Inhaftierte wurden gezielt ermordet, viele ueberlebten das Lager oder die nachfolgenden Todesmaersche nicht.

Am Nachmittatg des Samstag, 13. April fand die Gedenkfeier am Standort des «Jugendschutzlagers» Uckermark statt. Die Initiative berichtete von ihrer Arbeit. Eine Ueberlebende berichtete, der Sohn einer weiteren Ueberlebenden hielt eine Ansprache, und eine Vertreterin der Amicale Ravensbrueck aus Frankreich hielt eine solidarische Rede, in der sie die Initiative und deren Bemuehungen unterstuetzte. (Die Amicale de Ravensbrueck ist eine Frauenorganisation, in der sich Ueberlebende und Angehoerige des ehemaligen Frauen-KZ Ravensbureck zusammengeschlossen haben). Die Feier wurde begleitet und abgeschlossen durch Lieder mit Gitarrenbegleitung.

Am Sonntag, 14. April fand morgens die zentrale Gedenkfeier statt - wegen des schlechten Wetters drinnen, wo aber nicht fuer alle Anwesenden Platz war. Die Gruppe von «Lesben gegen Rechts» blieb wie viele andere draussen. Leider funktionierte waehrend etwa der Haelfte der Gedenkfeier die Ton-Uebrtragung nach draussen nicht, was sicher noch zusaetzlich dazu beitrug, dass sich nicht an die Bitte, dass keine Transparente praesent sein sollen, gehalten wurde (siehe naechstes Foto).

Hoerbar war dann nach einer Weile das Grusswort des brandenburgischen Ministerpraesidenten D. Woidke, er sprach zweimal von Lesben, u.a. erwaehnte er Lesben unter den Haeftlingsgruppen, die zu lange vergessen wurden. (Auf der Weseite der Mahn- und Gedenkstaette Ravensbrueck findet sich ein Link, wo alle Grussworte und Ansprachen im Wortlaut nachgelesen werden koennen - siehe hier:
https://www.ravensbrueck-sbg.de/meldungen/74-jahrestag-der-befreiung-des-kz-ravensbrueck/

Nach den Grussworten und Ansprachen folgte die Kranzniederlegung am Denkmal «Die Tragende». 

Gleich gegenueber von der Gedenkstaette Ravensbrueck, am anderen Ufer des kleinen Sees befindet sich das Dorf Fuerstenberg (Havel).

Mit etwas Abstand und zusammen mit anderen Transparenten von Feministinnen hing waehrend der Kranzniederlegung die Fahne von «Lesben gegen Rechts» gut sichtbar fuer alle Anwesenden etwas weiter hinten.


Bereits am Samstag war von der «Initiative Autonome feministische FrauenLesben aus Deutschland und Osterreich» im Seminarhaus eine Ausstellung zu «Die Gedenkkugel - Wege der Sichtbarkeit. Zur Verfolgung lesbischer Frauen in der NS-Zeit» eroeffnet worden, ebenfalls von der Initiative gab es eine Veranstaltung zum Thema «In Sicht - ein Gedenken an lesbische Haeftlinge, die in Ravensbrueck inhaftiert waren», wo ueber den aktuellen Stand der schon seit Jahrzehnten andauernden Bemuehungen um das Anbringen der an Lesben erinnernden Gedenkkugel informiert wurde.

Am Sonntagnachmittag, nach der zentralen Gedenkfeier, fanden verschiedene einzelne Gedenkzeichen statt. Auch die von der «Initiative Autonome feministische FrauenLesben aus Deutschland und Osterreich» organisierte Feier zum Gedenken an die in Ravensbrueck inhaftierten Lesben.

Eine sehr powervolle Rede hielt an der lesbischen Gedenkfeier Vera Dehl-Thaelmann, Enkelin von Rosa und Ernst Thaelmann und Sprecherin der Lagergemeinschaft Ravensbrueck. Eine weitere Rede hielt Marion Luettig als Vertreterin des LSVD Baden-Wuertemberg - dem einzigen LSVD-Landesverband, der die Gedenkkugel aktiv unterstuetzt. Das Mikrophon hielt ihr Monika von der Lippe, Frauenbeauftragte des Landes Brandenburg, die letztes Jahr eine Rede gehalten hatte.

Die Feier wurde auch hier von Musik begleitet, bei der lesbischen Version des Liedes «Bella Ciao» sangen einige mit. Zum Schluss wurden an der Gedenkkugel, die danach wieder entfernt werden musste, Kraenze und Blumen niedergelegt. 

Auch wenn nach wie vor die Gedenkkugel zur Erinnerung an die im KZ Ravensbrueck inhaftierten, gefolterten und ermordeten Lesben nicht definitiv installiert ist, und es somit kein bleibendes lesbisches Zeichen in der Gedenkstaette Ravensbrueck gibt und dafuer weiterhin gekaempft werden muss, war es eine gute und empowernde Gedenkfeier - nicht zuletzt weil soviele zur lesbischen Gedenkfeier gekommen sind (ueber 150).

Vor Ort wie auch via Facebook kam viel Zuspruch und Dank fuer die Praesenz von «Lesben gegen Rechts». Als Gruppe mit einem klaren politischen Statement anwesend zu sein und an den Gedenkfeiern teilzunehmen war eine gute Erfahrung.

April 2019


Erstellen Sie Ihre Webseite gratis! Diese Website wurde mit Webnode erstellt. Erstellen Sie Ihre eigene Seite noch heute kostenfrei! Los geht´s