BERICHT: Griechenland und die Flüchtlingspolitik im Feb./März 2020
Bericht zur Situation an der griech.-türk. Grenze und auf den ostägäischen Inseln (Lesbos, Chios, Samos etc.) seit Ende Februar 2020 - diese Zusammenfassung hatte ich für "Lesben gegen Rechts" geschrieben:
- Aussetzung von Menschenrechten, Völkerrecht, Flüchtlingskonvention und Europäischem Recht
- Situation auf den Inseln (Lesbos, Chios, Samos etc.)
- Demonstrationen in Griechenland
- Einreise von Rechtsextremen aus D, CH, A, Schweden und USA nach Griechenland
Dieser Beitrag ist ziemlich lang - dies um gegen Falschinformationen anzuschreiben. Und um
die Solidarisierung zwischen Linken, Lesben und MenschenrechtsverteidigerInnen
in D und in Griechenland zu ermöglichen.
In München z. B. war der Besammlungspunkt der Demo gegen die europäische
Flüchtlingspolitik die griechische Botschaft, was von der griechischen
Community in München sehr kritisiert wurde. Nicht dass es keinen Grund gäbe vor
der griechischen Botschaft zu demonstrieren - eine Besammlung vor Institutionen
der EU wäre jedoch passender gewesen.
Aussetzung von Menschenrechten, Völkerrecht, Flüchtlingskonvention und Europäischem Recht
Die türkische Regierung benutzt seit Ende
Februar Geflüchtete als Druckmittel für
die Durchsetzung ihrer Interessen, diese sind:
- schnelle Auszahlung der im EU-Türkei-Pakt versprochenen Gelder
- Änderung des EU-Türkei-Paktes dahingehend, dass diese Gelder direkt an die
Regierung gehen und nicht mehr an die Hilfswerke, und
- Unterstützung von der NATO für ihren Angriffskrieg in Nordsyrien
Dafür schickte und brachte sie Tausende von Geflüchteten an die Grenzen zur EU,
zum Teil unter Anwendung von Gewalt.
Griechenland und die FRONTEX reagierten darauf mit massiver
Verstärkung an den Grenzen, auch Militär wird eingesetzt. Die Geflüchteten
werden mit Tränengas und scharfer Munition am Grenzübertritt gehindert - mindestens
ein Mann wurde erschossen. Und in einem Fall hat die griechische Küstenwache
mit Schüssen ins Wasser und mit dem Wegschieben eines Bootes mit langen Stangen
die Geflüchteten zurück in türkische Gewässer befördert. Die EU-Kommission
unter von der Leyen hat sich für diesen Einsatz Griechenlands und der FRONTEX -
darunter auch deutsche Polizei - bedankt.
Zur Rolle von deutschen Beamten/Polizisten, und dass es auch anders geht am
Beispiel von dänischen Beamten/Polizisten, siehe dieser Artikel:
https://taz.de/Deutsche-Polizisten-an-EU-Grenze/!5667064/
FOTO: deutsche Polizei am 2. März an der
griech.-türk. Grenze
Und am 1. März hat Griechenland für einen Monat das Recht auf Stellung eines Asylantrags ausgesetzt. Die Geflüchteten,
die seither in Griechenland ankommen, werden wegen illegalen Grenzübertritts ohne anwaltschaftliche Vertretung verurteilt
und inhaftiert. Oder ihrer Sachen, auch ihrer Kleider, beraubt und ohne Verfahren zurückgeschickt .
Familien werden dabei getrennt.
Oder bleiben ohne Erstaufnahme, und
teilweise ohne Versorgung und ohne Information, was mit ihnen wird, am
Ankunftsort auf den Inseln in der Ostägäis.
Über diese massiven Rechtsbrechungen berichtete vor kurzem die News York Times und vor ein paar Tagen die Sendung Monitor mit vielen Belegen - siehe die folgenden Links. Im dritten Link ein Bericht des Schweizer Fernsehens zu den eingesetzten Tränengaspatronen, die mit einer Spitze ausgerüstet sind und damit den Tod eines Geflüchteten verursachten. Als weitere "Massnahme" hat die griechische Regierung die bulgarische Regierung um die Öffnung eines Staudamms gebeten um den Evros, den Grenzfluss zu überfluten, diese tat dies am 9. März - siehe letzter Link.
https://www.nytimes.com/2020/03/10/world/europe/greece-migrants-secret-site.html
(Deutsche Übersetzung siehe hier: https://anfdeutsch.com/aktuelles/schreckliche-zustaende-in-geheimem-fluechtlingslager-17833)
https://news4money.gr/bulgaria-floods-evros-river-to-prevent-migrants-storming-greek-borders/
Als einzige
Institution hat das UNHCR bisher protestiert. Und einige AnwältInnen vor Ort
tun ihr Bestes. Eigentlich müsste ganz viel Kritik kommen, von der UNO und auf
der Strasse. Es gab einige Demonstrationen - aber mehrheitlich bleibt es ruhig.
Jetzt mit der Corona-Virus-Epidemie um so mehr. Bei Umfragen wird deutlich,
dass die Mehrheit der Menschen in D und anderswo in Europa keine Geflüchteten
aufnehmen wollen - viele begründen das mit der Angst vor einem weiteren
Rechtsrutsch. Demgegenüber haben sich
mehr als 140 Kommunen in D bereit erklärt sofort Geflüchtete aufzunehmen - ob
sie dies tun können, ohne sich an die gegenteiligen Vorgaben der Bunderegierung
halten zu müssen, ist immer noch offen.
FAZIT:
Der Schiessbefehl an den Grenzen,
der vor ein paar Jahren noch ein "mausgerutschter" Wunschtraum der AfD war, ist Realität geworden.
Demokratie, Menschenrechte, Völkerrecht, Flüchtlingskonvention und Europäisches
Recht werden vollumfänglich vorgeführt,
haben keine Wirkung mehr.
Zitat:
"Diese Politik der radikalen Abschottung
wird getragen von den Wortführern der in Europa regierenden Parteien, die sich
gern als "Mitte" bezeichnen. Dem nationalistischen Rand signalisieren
sie, dass sie sich dessen Forderungen zu eigen gemacht haben. Das Gedankengut
von AfD, Front National, Vlaams Belang und FPÖ ist eingegangen in die Politik
von CDU und SPD, von Sebastian Kurz und Emmanuel Macron. Dabei sehen sich diese Politiker und Parteien
als staatstragend. Die Frage ist nur, welchen Staat sie tragen. Ist es noch die
Demokratie?"
https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Vorkaempfer-der-Vernichtung,europa976.html/
Weitere Hintergründe
siehe in den folgenden Links - u.a. zu den Waffenlieferungen in die Türkei:
https://taz.de/Fluechtlingsdrama-an-EU-Grenze/!5670262/
Die GroKo hat
sich dazu durchgerungen grade mal 1500
unbegleitete Minderjährige aufzunehmen, was das ganz konkret heisst ist nach
wie vor nicht klar. Im unten verlinkten Interview die Zuständige des
EU-Kommissariats, mit viel Ungenauigkeit, und
dem Hinweis auf eine Konferenz nach Ostern - also noch ein Monat, wo
nichts passiert:
https://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-griechenland-eu-kommission-johansson-1.48416828
Dass die
Situation am Grenzfluss Evros schon längst "aus dem Ruder gelaufen" ist, schon
längst zutiefst beschämend und nicht
wieder gut zu machen ist, beschreibt dieser Artikel über ein Massengrab von 250 Geflüchteten und die
Umstände der Identifizierungen der Opfer:
Ein zusätzlicher Aspekt in Griechenland, der leider zur Unterstützung der Truppen an den Grenzen beiträgt: seit Monaten, oder eigentlich seit Jahren, provoziert die türkische Regierung mit Aussagen zur griech.-türk. Grenze und stellt deren Legitimität aufgrund der Verträge von Lausanne (1923) immer wieder in Frage. So veröffentlichte Erdogan im Februar eine Karte, die die ostägäischen Inseln sowie mehr als die Hälfte von Kreta als türkisches Staatsgebiet auswies. Als Folge davon gehen die Emotionen in Griechenland regelmässig hoch - im Zusammenhang mit dem aktuellen Einsatz von Militär an der Grenze wird darauf in z.T sehr heroisierenden Tönen Bezug genommen.
Situation auf den Inseln der Ostägäis - Lesbos, Chios, Samos etc.:
Bereits vor der Eskalierung der Situation durch die türkische
Regierung gab es auf den Inseln massive Proteste - denn die griech. Regierung
hatte Land konfisziert um weitere,
diesmal geschlossene Lager zu bauen. Baumaschinen und Baumaterial
kamen zusammen mit martialisch aufgerüsteter Bereitschaftspolizei mitten in der
Nacht vom 25. auf den 26. Feb. auf den Inseln Lesbos und Chios an. Noch in der
Nacht hatten die Menschen auf den Inseln auf den Strassen zu den vorgesehenen
Baugrundstücken Sperren errichtet und protestierten während zwei Tagen vor Ort
gegen die Polizei und die Bauvorhaben.
An diesen Protesten waren viele Linke, ein paar Rechte, aber auch
Kinder, Priester und politisch wenig Aktive beteiligt. Von den linken Organisationen z.B. die ArbeiterInnenorganisation von Lesbos. Eine der Forderungen bei
diesen Protesten war die Schliessung aller Lager, der offenen wie der
geschlossenen.
Während diesen zwei Tagen war auf Lesbos Generalstreik, die Geschäfte etc. auf
Lesbos blieben geschlossen. Hintergrund dafür war auch, dass die griech.
Regierung bereits seit 2016 versprochen hatte im Umland von Moria
Grundstückseigener zu entschädigen - entsprechende Zahlungen war aber nie
eingetroffen.
Die Polizei setzte massiv Tränengas und Rauchpetarden ein. Es kam dadurch zu
Bränden im Gelände und es gab Verletzte. Die Polizisten wurden dabei als
"Faschisten" beschimpft, denn die Mensch waren durch diese Behandlung entsetzt. Die
Reaktion auf das Vorgehen der Polizei war im ganzen Land sehr deutlich. Wenn in
Griechenland Polizei massiv gegen die Bevölkerung vorgeht, erinnert das nach
wie vor an die Militärdiktatur. Nach zwei Tagen musste sie unverrichteter Dinge
wieder abziehen.Im folgenden Link im Bild: die Ankunft der Baumaschinen und v.a. der Polizei am
25. Feb. 2020 im Hafen von Mitilini:
https://www.medico.de/blog/die-schande-europas-und-kein-ende-17651/
Im Moment der
Eskalation an den Grenzen durch die türkische Regierung war die Situation auf
den Inseln also bereits sehr aufgeheizt. Rechte und Rechtsextreme nutzten dies
aus. Auch wenn sich in den nachfolgend genannten Situationen von Angriffen
und Bedrohungen immer wieder Menschen dazwischenstellten und auch die lokale
Polizei und lokale Behörden eingriffen oder einzugreifen versuchten, hatten die
Rechten und Rechtsextremen auch immer wieder einen Mob auf ihrer Seite. Es kam
in den Tagen von Ende Februar bis Anfang März zu folgenden Angriffen und
grauenhaften Situationen:
- Ein Boot mit Geflüchteten wurde von der Küstenwache in den Hafen von Mitilini
(Hauptstadt von Lesbos) gebracht. Ein rechter Mob hinderte sie während Stunden
am Aussteigen. Schliesslich konnte sich die Polizei durchsetzen.
- Bei dieser Situation wurde ein Journalist aus D verprügelt, seine Kamera ins
Meer geworfen.
- Bei einer Versammlung von Rechten vor dem Gebäude der Regionalregierung in
Mitilini wurde ein zufällig vorbei kommendes Auto mit zwei Mitarbeiterinnen des
Hilfswerks "One Happy Family" angegriffen, die Heckscheibe eingeschlagen, die
Türen aufgerissen. Nur Dank beherztem Eingreifen vom umstehenden Frauen und
Männern konnte Schlimmeres verhindert werden und die zwei Frauen im demolierten
Auto flüchten.
- Ein weiteres Auto einer Nichtregierungsorganisation auf Lesbos wurde
angegriffen, konnte sich jedoch in Sicherheit bringen. Für weitere Angriffe
habe ich keine Belege gefunden.
- Während mehrerer Tage riegelten Rechte und Rechtsextreme den Zugang zum Lager
Moria ab.
- Eine leerstehende Neuaufnahmeeinrichtung auf Lesbos ging durch Brandstiftung
in Flammen auf.
- Ein Kleiderlager einer Hilfsorganisation auf der Insel Chios ebenso.
- Eine Woche später wurde ein geparktes Auto eines Hilfswerks auf Samos
angezündet.
- Das Community Center resp. die Schule von "One Happy Family" und weiterer
Organisationen auf Lesbos ist eine Woche später ebenfalls aufgrund
Brandstiftung abgebrannt.
Einige der Hilfswerkmitarbeitenden sowie der oben genannte Journalist hatten
Angst und Panik und verliessen die Inseln sofort. Andere blieben, schlossen
ihre Einrichtungen für ein paar Tage und öffneten sie dann wieder.
In vielen Berichten von Hilfwerksmitarbeitenden wurden die Ereignisse
übertrieben dargestellt, was verständlich ist, aber ein falsches Bild
vermittelt. Auch wurde teilweise deutlich, dass ein Teil der
Hilfswerksmitarbeitenden kaum Kontakt zur lokalen Bevölkerung haben oder
hatten, was natürlich nicht hilfreich ist. Deshalb hier der Bericht von dem
Hilfswerk auf Chios deren Kleider- und Spendenlager in Flammen aufging - das
klingt ziemlich anders:
Positiv hervorzuheben unter den internationalen Hilfswerken ist z.B. Medico
International:
https://www.medico.de/blog/fluechtlinge-als-spielball-17658/
Erst eine Woche nach dem oben erwähnten Angriff auf das Auto und die
Mitarbeiterinnen des Hilfswerks "One Happy Family" tauchte ein Handy-Video dazu
auf. Dieses wurde von der Staatsanwaltschaft genutzt und innerhalb von drei
Tagen wurden sieben der ca. 20 rechten/rechtsextremen Täter identifiziert und angeklagt. Da dieselben Männer auch bei
anderen der obigen Angriffe anwesend gewesen sein sollen, laufen jetzt gleich
mehrere Verfahren gegen sie. Auch im Zusammenhang mit der Brandstiftung an der
Einrichtung von "One Happy Family". Dabei soll auch die Rolle der aus D
angereisten Rechtsextremen untersucht werden (siehe übernächster Abschnitt).
https://griechenlandsoli.com/2020/03/10/generalstaatsanwalt-rechte-gewalt-auf-den-inseln-und-am-evros-verfolgen/
Die politischen Verhältnisse auf den Inseln haben sich durch die aktuellen Ereignisse nicht verändert. Hier nachstehend als Beispiel die letzten Wahlresultate auf Lesbos und Chios - erstere ist nach wie vor sehr links, letztere konservativer. Rechte und Rechtsextreme sind auf beiden Inseln eine kleine Minderheit. Viele Organisationen, u.a. auch der religiöse Dorfverein von Westlesbos, distanzierten sich in deutlichen und entsetzten Worten von den obigen Vorkommnissen. Dass ich den religiösen Dorfverein erwähne, hat damit zu tun, dass die neu im griech. Parlament vertretene rechtsextreme Partei "Griechische Lösung" (Elliniki Lysi)sich sehr stark auf religiöse Kreise abstützt, es in der griech.-orthodoxen Kirche eine rechtsextreme Fraktion gibt - offenbar aber nicht auf Lesbos. (Die bekannte rechtsextreme Chrisi Avgi - Goldene Morgenröte ist seit den letzten Wahlen nicht mehr im griech. Parlament vertreten.)
Die politischen
Konstellationen auf Lesbos und Chios, wie sie aus den letzten Wahlen ablesbar
ist, sehen so aus (Wahlresultate der Parlamentswahlen 2019):
Lesbos ist linker als Gesamtgriechenland:
Die verschiedenen linken Parteien (Syriza, KP,
Mera25) kamen zusammen auf 41.3 %. Die rechtsextremen Parteien (Elliniki Lysi
und Goldene Morgenröte) zusammen auf 6.1 % (etwas weniger als im
Landesdurchschnitt).
Chios wählt an sich konservativer, also v.a. Nea Dimokratia (neoliberal/konservativ) und die sozialdemokratische Nachfolgepartei, die linken Parteien zusammen kommen auf nur 29.8 %, die Rechtsextremen sind hier aber auch noch etwas schwächer mit 5.41 %.
Eine der drei Parlamentsabgeordneten von Lesbos, Maria Komninaka von der KKE (griech. KP) war auf den Demonstrationen präsent, machte die Forderungen ihrer Partei klar (Schliessung der Lager, gegen Nationalismus und Faschismus etc.), sprach mit BürgerInnen. (Ein vertiefteres Zusammengehen mit der KKE ist für Lesben resp. LSBTIQ und Feministinnen in GR trotzdem fast nicht möglich, da sich diese gegen die Ehe für alle und für die heterosexuelle Kleinfamilie als einziges und zukünftiges Modell ausspricht).
Die Mehrheit der
Menschen auf Lesbos und den anderen Inseln fordert die Schliessung der Lager.
Seit Dezember 2019 konnten keine Geflüchteten mehr von den Inseln abreisen. Die
Lager werden immer noch voller und überfüllter. Schon seit Jahren ist die
Lebenssituation für die Geflüchteten katastrophal - eine von der EU als
Abschreckung gewollte Katastrophe.
Seit dem 1. März sind allein auf Lesbos weitere ca. 700 Geflüchtete dazu
gekommen, sie werden nicht nach Moria oder in eines der anderen Lager gebracht.
Sondern werden entweder im Hafen von Mitilini "gesammelt" oder verbleiben an
den Orten, wo sie angekommen sind. So im Norden von Lesbos, wo seit mehr als
einer Woche eine Gruppe von 42 Geflüchteten am Strand lagert - als einziger
trockener Raum steht ihnen eine kleine Kirche zur Verfügung.
https://www.stonisi.gr/post/7531/42-periergws-aoratoi-apo-tis-arxes
Im Hafen von Molivou auf Lesbos kamen am 11. März 24 Geflüchtete an, und am 12. März kamen 25 Geflüchtete am Korakas-Strand an - die Zukunft der beiden Gruppen: völlig ungewiss (Quelle: Sto Nisi). Im Hafen von Mitilini befinden sich seit dem 1. März ca. 600 Geflüchtete, ein Schiff der Marine steht ihnen seit ca. 10 Tagen als Unterkunft zur Verfügung, sowie draussen eine kleine eingezäunte Fläche im Hafen, die sie nicht verlassen dürfen. Eine Erstaufnahme ist nicht vorgesehen. Was mit ihnen passiert bleibt unklar.
Video: https://youtu.be/gPbSjq3xfYA
Am 11.03.20 wurde die erste Corona-Virus-Infektion auf Lesbos festgestellt. Gleich am nächsten Tag schickte die lokale ÄrztInnenkammer einen Forderungs-Katalog nach Athen, denn es braucht dringend mehr Personal und Medikamente für das einzige Spital auf Lesbos. Kaum jemand glaubt daran, dass etwas kommen wird aus Athen.
Demonstrationen in Griechenland
Gleich schon am
1. März gab es auf Lesbos eine Demonstration gegen die griech. Politik an den
Grenzen und gegen die rechten/rechtsextremen Angriffe und Mobs auf der Insel.
Auf Lesbos wie auch in allen grösseren und kleineren Städten des Landes wurde am
5. März gegen die Aussetzung der Menschenrechte, gegen die Lager, gegen
Faschismus, gegen Krieg und für die Aufnahme von Flüchtlingen demonstriert. Die
griech. Medien berichten da nur wenig darüber, Zahlen sind schwierig zu
bekommen, in Athen sollen 9.000 an der grossen Demonstration gewesen sein, in
Chania auf Kreta sogar 19.000 (EinwohnerInzahl 160.000). In Rethymnon auf Kreta
(EinwohnerInzahl 37.000) waren es mehr als 500. Gegen diese Demonstration hatte
sich eine Gruppe von ca. 20 Rechtextremen aufgestellt, verzogen sich dann aber
wieder. Vier Frauen, die mit entsprechenden Schildern unterwegs zur Demo waren,
wurden allerdings von Rechten angegriffen.
An der Demo in Thessaloniki waren Regenbogenfahnen zu sehen. An der Demo in Rethymnon war wie gewohnt ein grosser
Lesbenblock da.
https://www.voria.gr/article/diamartiria-sto-kentro-tis-thessalonikis-gia-to-metanasteftiko
https://www.facebook.com/akritas.kalousis/videos/10219467678316286/
https://www.keeptalkinggreece.com/2020/03/06/greece-protest-xenophobia-hatred-migrants/
Hier untenstehend
ein Video-Link von der zweiten Demo auf Lesbos am 7. März. Ein Chor sang auf
dem Platz der Sappho in Mitilini, vor der Sappho-Statue, Lieder von Mikis
Theodorakis, Joan Baez usw. Sehr viele Menschen, mehrere Hundert, waren da. Und
im Hintergrund die AfD - dazu gleich
anschliessend.
Die Lokalzeitung
auf Lesbos berichtete übrigens über die Demonstration in D - eine
differenziertere Berichterstattung, aber auch differenziertere Parolen wären hilfreich
gewesen. Die Parole "Öffnet die Grenzen" ist zwar auch in GR da, ist für die
Menschen auf den ostägäischen Inseln jedoch nicht der erste Schritt - sie
warten seit Jahren darauf, dass die Geflüchteten-Lager nicht mehr grösser und
grösser, sondern irgendwann auch wieder mal kleiner werden:
Einreise von Rechtsextremen aus D, CH, A, Schweden, USA und Irland nach Griechenland
Um das Fass noch
voll zu machen reisten mehrere Gruppen von Rechsextremen nach Griechenland - an
die griech-türk. Grenze und auf die Inseln. Im folgenden Artikel eine ziemlich
umfassende Auflistung aller "Reisegruppen":
https://www.fr.de/politik/extreme-rechte-identitaeren-will-europa-schuetzen-scheitert-13589121.html
Die lokale Antifa und allgemein antifaschistische
Menschen auf Lesbos waren
sehr fix - die erste dort angekommene Gruppe von Mario Müller (Identitäre Bewegung)
wurde gleich am ersten Tag in der Fussgängerzone verprügelt. Auf Anwürfe
der Menschen dort, dass sie nicht willkommen seien, hatten sie mit dem
Statement reagiert, dass sie mit ihnen dasselbe machen würden wie in Kalavryta
(das Massaker in Kalavryta 1943 war eines der grossen Massaker an der griech.
Bevölkerung durch die Nazis) - daraufhin gab's dann ein Stück Holz auf den Kopf
von einem der Neonazis (Randbemerkung: nur in den Artikeln in deutschen Medien
wurden die Neonazis nicht mit vollen Namen genannt und die Fotos von ihnen
verpixelt.).
Kaum waren sie
abgereist, kamen die nächsten auf Lesbos an: Oliver Kirchner, der Afd-Fraktionsvorsitzende von Sachsen Anhalt, sowie
der rechtsextreme Frauenhasser Oliver
Flesch (dieser war im Februar 2019 eine der Schaltstellen des Shitstorms
von Rechten und Rechtsextremen gegen uns Lesben gegen Rechts gewesen) und
weitere.
Siehe das Foto im folgenden Artikel: in der Mitte Oliver Kirchner, rechts von
ihm Oliver Flesch
https://stonisi.gr/post/7437/h-nazistikh-symmoria-synexizei-na-prokalei
Diese Gruppe
wollte bei der Demo auf dem Sappho-Platz provozieren, wurde jedoch von ca. 25
Personen eingekesselt. Die Polizei holte sie raus und es wurde davon
ausgegangen, dass sie abgereist sind. Dem war jedoch nicht so, sie erschienen
früher als irgendwie verständlich und möglich beim Brand des Community-Centers
von "One Happy Family" und verbreiteten dort Fake-News - das gibt Anlass für
Spekulationen, dass sie über die Brandstiftung im vornherein informiert waren.
Die von der Inselzeitung "Sto Nisi" veröffentlichten Chats der Rechtsextremen
auf Lesbos belegen auch, dass sie in Kontakt waren mit den lokalen
Rechtsextremen - diese öffentlich gewordenen Zusammenhänge führen nun dazu,
dass gegen letztere ein Verfahren wegen Brandstiftung läuft.
Die Ablehnung gegenüber Rechtsextremen
aus D ist auf Lesbos logischerweise
stark, auch bei welchen die selber eher nationalistisch denken. Auch auf Lesbos
wurden 42 Menschen von den Nazis damals massakriert, das Gedenken an sie ist
nach wie vor wichtig, in den betroffen Familien wie darüberhinaus. Der
Aufenthalt von deutschen Rechtsextremisten auf Lesbos und an der nördlichen
Grenze löste deutlich mehr Abscheu als Zustimmung aus. Sehr schnell wurde
ausgiebig über die Rechtsextremisten aus D berichtet - auf dem Bild: Sellner
von der IB:
https://guernicaeu.wordpress.com/2020/03/04/ποια-είναι-η-νεοναζιστική-οργάνωση-ibo-π/
Was es auch noch bräuchte: ein entsprechendes Verfahren in D, zumindest gegen den AfD-Fraktionsvorsitzenden. Siehe
dazu auch:
https://www.mena-watch.com/eine-niedergebrannte-schule-in-der-afghaninnen-lesen-lernten/
https://www.spiegel.de/panorama/griechenland-gebaeude-von-schweizer-hilfsorganisation-auf-lesbos-brennt-a-60b3b385-ac0c-4979-b2cf-e6f5d3991df0
Denn nur all zu
schnell wurde in D berichtet, dass Griechenland die rechtsextremen Reisegruppen
des Landes verwiesen habe - als grundsätzliche Haltung konnte ich dazu keine
Belege finden. Nur die rechtsextremen Reisegruppen aus D etc., die an die
türk.-griech. Grenze in Nordgriechenland gereist waren, wurde ausgewiesen:
Die Identitäre
Bewegung IB lässt aber auch zu Hause nicht locker, in Stuttgart wo es einige von ihnen gibt, demonstrierten sie in der
Fussgängerzone "in Solidarität mit dem griechischen Volk":
Und es hört nicht auf. Am 13.3. erschienen Berichte über die Ankunft von Rechtsextremen aus Irland auf Lesbos, diesmal gleich in olivgrüner Uniform. Die Reaktion der lokalen Bevölkerung war aber wiederum deutlich - siehe Videos hier: https://www.stonisi.gr/post/7608/tis-efage-kai-o-grand-torino-video
Monica, 13.03.20